Berichte

Lebensraum auf dem Meer

Seastead von Andras Gyorfi
Seastead.[1] | Urheber: Andras Gyorfi | Lizenz: CC-BY-3.0
Die Welt ist groß, die Freiheit des Einzelnen jedoch klein. Es gibt keine Landfläche mehr, für die nicht irgend jemand Besitzansprüche erhebt. Im Prinzip kann man sich an keine Ort auf dem Festland niederlassen ohne andere Menschen dafür um Erlaubnis zu bitten und natürlich dafür zu bezahlen, das man (dort) lebt.
Es gibt aber dennoch eine Möglichkeit, sich gänzlich neuen Wohnraum zu erschließen. Das Festland mag vollständig aufgeteilt sein, das Meer jedoch noch nicht. Außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone von 200 Seemeilen (370 km), welche die Länder nach Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen beanspruchen können, unterliegt die hohe See keinen Gesetzen außer denen des Staates, unter dessen Flagge ein Schiff fährt.[2]
Mittlerweile gibt es dementsprechend Überlegungen, autonome Wohnsiedlungen auf hoher See zu errichten, die nicht dem Diktat einer bestehenden Nation unterliegen. Zur Koordination wurde am 15. April 2008 das Seasteading-Institut von Wayne Gramlich und Patri Friedman in Sunnyvale (Kalifornien) gegründet. Unterstützt wird das Projekt beispielsweise vom PayPal-Gründer Peter Thiel.

Auf den ersten Blick eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Die modernen Gesellschaften zerbrechen unter einer erdrückenden Schuldenlast, durch Zins und Zinseszins und die Menschen müssen ein exponentielles und grenzenloses Wirtschaftswachstum realisieren und mit ansehen, wie die Umwelt zugrunde gerichtet wird. Widerstand ist zwecklos. Jeder, der auf dem Festland lebt, muss sich den Zwängen beugen.
Autonome Städte bieten an der Stelle einen Ausweg. Hier könnte man eine Gesellschaft aufbauen, deren Zusammenleben nicht auf einem zinsbasierten Geldsystem fundiert ist. Eine Gesellschaft wäre möglich, die kein Wachstum benötigt, sondern nachhaltig und ressourcensparend wirtschaftet. Dies wird auch nötig sein, denn auf einer künstlichen Plattform im Meer gibt es keine Wälder, die nach Belieben abgeholzt werden könnten und auch der Abbau von Rohstoffen ist nur eingeschränkt möglich.
An der Stelle ist jedoch zu bedenken, dass sich nur sehr reiche Menschen ein Lebensraum auf dem Meer erkaufen können. Es sind also hauptsächlich diejenigen involviert, die zu den Profiteuren des bestehenden zinsbasierten Systems gehören. Diese werden kaum an ihren monetären Grundlagen rütteln und diesbezüglich Änderungen dulden oder gar selbst herbeiführen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass genau die Grundlagen des Zusammenlebens übernommen werden, die für so viele Probleme sorgen und wegen denen man gerade flüchten möchte. Außerdem werden solche Städte abhängig vom Festland bleiben, da ja viele Materialien alleine für Aufbau und Wartung der Anlagen nötig sind. Holz, Kunststoffe, Metalle, Farben, Lacke, Kabel, technische und elektronische Geräte. Weder die Rohstoffe, noch die Industrieanlagen zur Verarbeitung der Rohmaterialien sind auf dem Meer vorhanden. Die Rohstoffe können nicht im nötigen Umfang abgebaut und die Industrieanlagen nicht aufgebaut werden. Der Austausch mit dem Festland ist somit unumgänglich, was aber nur funktioniert, wenn die Geldsysteme übereinstimmen, schließlich muss für jede Lieferung bezahlt werden.
Es ist also davon auszugehen, dass auch die maritimen Städte von einem zinsbasierten Geldsystem mit den negativen Folgen, von exponentiellen Wachstum und Zerstörung der Umwelt dominiert und daran letztendlich zugrunde gehen werden.


Literaturverzeichnis:
[2]
Seasteading; Wikipedia; http://de.wikipedia.org/wiki/Seasteading; 27.10.2012
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