Berichte

Ein Leben ohne Würde

Krieg und Armut sind aus dem Bewusstsein der Bevölkerung in den Industrieländern weitgehend verschwunden. Ein Leben ohne fließendes Wasser, Strom und Heizung ist kaum denkbar. Diskotheken, Kinos und Freizeitparks sorgen für die tägliche Unterhaltung. Die Kriege sind weit weg und der Sozialstaat sorgt dafür, dass es niemandem wirklich schlecht geht. So ist es nun schon seit Jahrzehnten. Nur noch die Großeltern können von einer Zeit erzählen, in der das Leben hart, anstrengend und gefährlich war.
Hin und wieder wirft man einen Blick auf die Entwicklungsländer und nimmt teilnahmslos zur Kenntnis, dass dort Tag für Tag Menschen verhungern und aufgrund der schlechten hygienischen Zustände an unzähligen Krankheiten sterben. Ärzte und Medikamente sind für diese Menschen unbezahlbar. Nicht überall auf der Welt gibt es ein Gesundheitssystem, wie wir es kennen. Schon bald sind die Gedanken wieder verschwunden. Hier, mitten in Europa, wird es solche Zustände nie wieder geben!
Sicher? Der Luxus, in dem wir leben ist kein natürlicher Zustand und muss teuer erkauft werden. Letzten Endes basiert der Wohlstand auf einem großen Geldvermögen. Diesem jedoch stehen Schulden gegenüber, die aufgrund der zu leistenden Zinszahlungen noch höher sind als das Geldvermögen selbst. Um dieses Finanzsystem am leben zu halten, muss die Arbeitsleistung immer weiter gesteigert werden, sonst können die zu zahlenden Zinsen irgendwann nicht mehr bedient werden. Darüber hinaus findet eine Umverteilung von den ärmeren Menschen zu den Wohlhabenden statt. Wenige Menschen werden immer reicher, während den anderen kaum noch genug Geld zum Leben bleibt. Die Entwicklung ist vielen noch nicht bewusst, obgleich sie immer deutlicher zu sehen ist.

Hierzu ein Artikel von Wolfgang Lieb auf nachdenkseiten.de:

Zwei Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler halten einen Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro für ausreichend, d.h. nur rund ein Drittel der bisherigen Höhe. [..] Für die Autoren der Studie liegt der Hartz-IV-Regelsatz nicht zu niedrig, sondern „oberhalb der Beträge, die aus den formulierten Zielen der sozialen Mindestsicherung ableitbar sind.“[1]

Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass nach Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation derjenige unvernünftig ist, der mehr als 68 Euro im Monat für Nahrung ausgibt. Einrichtungsgegenstände sollen beim Möbeldiscounter oder Restpostenmärkten ersteigert werden. Kommunikation und Freizeitbeschäftigung können auf ein Minimum reduziert werden.

Ein Leben in Würde hängt nach Ansicht der Autoren „weniger von Geldleistungen ab als von der Möglichkeit, zu arbeiten, sich einzusetzen, die Chance zu bekommen, etwas leisten zu können, um anerkannt zu werden. Eine auf Geldzahlungen beschränkte Hilfe wird diesem Ziel nicht gerecht.“ Arbeit macht frei![1]

Hier ist eine sehr deutliche Tendenz zu sehen: Der Lebensstandard wird immer stärker reduziert. Das geschieht auch mitten in Europa und kann soweit gehen, dass es lediglich noch möglich ist zu überleben. In diesen Planungen finden soziale Bedürfnisse, wie etwa Kommunikation und Freizeitgestaltung mit anderen Menschen keinen Platz. Diese Aktionen sind jedoch essentiell für ein seelisches Gleichgewicht. Kaum ein Mensch kann in Einsamkeit leben, ohne daran zu zerbrechen. Ein zweiter Punkt ist auch noch anzuführen. Natürlich kann man günstig Lebensmittel einkaufen. Dann erhält man aber nur Lebensmittel geringer Qualität, die unter schlechten Bedingungen hergestellt wurden. Der Hersteller muss zwangsläufig sparen, wo es nur geht um überhaupt so günstig produzieren zu können. Sei es bei der Tierhaltung oder der Bezahlung der Mitarbeiter.


Weiterführende Artikel:

Wie weit lässt sich der Sozialstaat abbauen?
132-Euro-Studie: Zahlen aus dem Chemnitzer Elfenbeinturm


Literaturverzeichnis:
[1]
Die Sarazzins der Wissenschaft: Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro ausreichend; Wolfgang Lieb; http://www.nachdenkseiten.de/?p=3437; 04.09.2008
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