Berichte

Abschaffung des Bargeldes erleichtert Ausweitung der Verschuldung

Das Oberbayerische Volksblatt schreibt im Artikel “In 10 Jahren kein Bargeld mehr“:

Deutsche-Bank-Chef John Cryan löst mit Äußerungen in Davos lebhafte Debatte aus. München – Die Prognose von Deutsche-Bank-Chef John Cryan, Bargeld werde in den nächsten zehn Jahren verschwinden, stößt auf massive Kritik.

Weiter schreibt die Zeitung:

Verbraucherschützer warnen seit langem davor, dass bargeldloser Zahlungsverkehr das Risiko von Verschuldung erhöhe.

Die nicht näher bekannten Verbraucherschützer haben richtig erkannt, dass die Gefahr einer steigenden Verschuldung besteht, wenn die Menschen den unmittelbaren Bezug zum Geld verlieren. Wie Versuche zeigten, wurde tatsächlich auch mehr Geld ausgegeben, wenn im Restaurant Probanden beispielsweise mit Karte bezahlen sollten, als Probanden einer Kontrollgruppe ausgaben, die mit Bargeld zahlen mussten.
Aus Sicht des Finanzsystems ist die Gefahr der steigenden Verschuldung aber definitiv kein Grund gegen die Abschaffung von Bargeld, sondern ein gewichtiges Argument dafür, Bargeld so schnell wie möglich möglichst komplett verschwinden zu lassen. Wenn Banken einen Kredit vergeben, verleihen sie nicht, wie zuweilen fälschlicherweise angenommen wird, das Geld Ihrer Anleger, sondern erzeugen neues Geld (Geldschöpfung), wodurch die Gesamtgeldmenge steigt. Der Kreditnehmer muss dieses Geld später zuzüglich Zinsen zurückzahlen. Die Geldmenge des Kredites selbst wird dabei aufgehoben und das geschaffene Geld verschwindet wieder aus dem System. Das Geld für die Zinsen bleibt als Gewinn für die Banken aber bestehen. Das Geld für die Zinsen wurde bei der Kreditvergabe jedoch noch nicht erschaffen. Dieses Geld fehlt also zunächst in der Geldmenge. Woher soll das zusätzliche Geld nun genommen werden? Wie Christoph Pfluger in seinem Buch “Das nächste Geld” anschaulich erläutert, gibt es jetzt zwei Wege. Eine lange und eine kurze Sackgasse.
Die kurze Sackgasse: Der Kreditnehmer verdient sich das Geld von den übrigen Wirtschaftssubjekten, die dadurch um den entsprechenden Betrag ärmer werden. Da ihr Geld jedoch ebenfalls auf Kredit basiert, werden sie gezwungen, entsprechend mehr zu verdienen. Entsteht dieses zusätzliche Geld nicht (durch neue Kreditvergabe mit entsprechender Verschuldung), ist das Ende der kurzen Sackgasse bald erreicht.
Die lange Sackgasse: Die Bank vergibt einen weiteren Kredit an einen Wirtschaftsteilnehmer und damit ist das Geld nun vorhanden, damit es der erste Kreditnehmer nutzen kann, um seine Zinsschulden zurückzubezahlen. Natürlich hat dann der zweite Kreditnehmer ein Problem und es ist nicht kleiner geworden, denn irgendwann muss ja auch der zweite Kreditnehmer seinen Kredit samt Zinsen zurückbezahlen. Das Geld ist aus dem großen Topf aber bereits wieder verschwunden, als der erste Kreditnehmer seine Schulden beglichen hat. Beim Weg der “langen Sackgasse” sieht die Lösung nun so aus, dass die Banken einfach einen weiteren Kredit an einen Wirtschaftsteilnehmer vergeben, wodurch die vorhandene Geldmenge im großen Volkswirtschaftlichen Topf wieder steigt, so dass das nötige Geld für die Rückzahlung der bestehenden Schulden im System vorhanden ist. Und dann muss noch ein Kredit vergeben werden und noch einer und so weiter. Es besteht also ein Zwang zur ständig wachsenden Verschuldung.
Die zweite Sackgasse lässt sich noch ein wenig verlängern: man lässt einige Schulden einfach stehen und erzwingt nicht die Rückzahlung der Kreditsumme. So müssen die Schuldner immer nur das Geld für die Zinsen aufbringen. Kurzfristig gesehen ist die Last dann natürlich geringer. Langfristig bedeutet dies aber auch, dass natürlich so lange Zinsen bezahlt werden müssen, wie der Kredit besteht. Dadurch können die Zinslasten leicht auf ein Vielfaches der eigentlichen Kreditsumme anwachsen und theoretisch sogar unendlich hoch werden. Deutlich erkennbar ist dieses Verfahren Beispielweise bei der Staatsverschuldung Deutschlands (oder eines beliebigen anderen Staates). Staatsschulden wachsen üblicherweise (exponentiell) an und werden nicht mehr reduziert. Die Staaten bezahlen einfach Jahr für Jahr die Zinsen und die Kreditgeber freuen sich über ein sicheres Zins-Einkommen und das Wissen, dass sie die Staaten unter ihrer Kontrolle haben. Das Geld für die Zinsen kann der Staat schließlich durch neue Kredite aufnehmen (Umschuldung). Wenn nun der Finanzminister stolz verkündet, dass dieses Jahr keine neuen Schulden aufgenommen wurden, bedeutet das nur, das für die Rückzahlung der dennoch anfallenden Zinsen in den allgemeinen Geldtopf gegriffen wurde, anstatt neue Kredite aufzunehmen. Dieser leert sich dementsprechend oder wird durch andere Wirtschaftsteilnehmer wieder aufgefüllt, indem diese sich anstelle des Staates weiter verschulden.
Wenn Verbraucherschützer also vor einem Risiko der wachsenden Verschuldung durch bargeldlosen Zahlungsverkehr warnen, dann verkennen sie, dass die Verschuldung ohnehin steigen muss, damit dieses Finanzsystem nicht zusammenbricht. Der Zwang zum exponentiellen Schuldenwachstum ist unabhängig von der konkreten Geldform bereits im zinsbasierten Schuldgeldsystem verankert. Sollten die Menschen sich etwas leichtfertiger Verschulden, wenn sie den Bezug zum Geld aufgrund bargeldloser Bezahlvorgänge gänzlich verlieren, trägt das nur dazu bei, die lange Sackgasse noch etwas weiter zu verlängern. Dies ist ganz im Sinne des Finanzsystems.
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